Laudatio

Vernissage Maria Lawal – 24.01.03 in der
Galerie der Interessengemeinschaft Blumberg
Liebe Besucher,
Die heutige Ausstellung von Maria Lawal trägt den Titel Farben, Formen, Strukturen – Aufbruch. In diesen vier Worten manifestiert sich bereits die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Medium der Malerei, werden die formalen Kriterien und Möglichkeiten ausgelotet. Denn was macht Malerei im allgemeinen aus, differenziert sie von anderen Kunstgattungen, misst ihr einen einzigartigen über Jahrhunderte gewachsenen Stellenwert in der Kunst bei.: das Spiel mit eben besagten Farben, Formen, Strukturen, dem Licht, dem so häufig propagierten Aufbruch in neue Bild- bzw., Erfahrungswelten und eine veränderte Wahrnehmung auf die Sicht der Dinge.

Maria Lawals Bildwelten bestechen durch ihre expressive Farbigkeit. Farbe und Struktur feiern ein Fest der Sinne. Da gibt es die Bilder zurückhaltender, nahezu leiser Monochromie und solche deren starke Farbkontraste und wirbelnde Bewegungen einem rhythmischen Tanz gleichen könnten. Eine Welle kraftvoller Dynamik scheint auf den Betrachter mit nahezu musikalischer Intensität überzugehen. Der experimentelle Umgang mit Acrylfarbe, die mit anderen Materialien und Techniken vermischt, bearbeitet, montiert und gespachtelt wird, lässt den Bildern einen spielerischen Aspekt hinzukommen. Die nuancenreiche Farbpalette, die geschichtete, verdeckendende bzw. sichtbarmachende Oberflächenstruktur und die Bewegungsrichtung wirken als elementare Kräfte der Bildstimmung. Plötzlich erscheint Abstraktion für den Betrachter als sinnliches Erlebnis und Kunst als Akt der Befreiung.

Der Schaffensprozess an sich ist für die Künstlerin ein wichtiger Bestandteil ihrer Arbeit: Experimentier – und Erfahrungsfeld zugleich. Maria Lawal bezeichnet die Malerei als sinnlichen Ausgleich zum Alltag. Seit 1990 verwirklicht sie leidenschaftlich den bereits seit ihrer Kindheit vorhandenem Impuls der künstlerischen Auseinandersetzung mit der Malerei. Künstler wie Monet, Picasso und vor allem Rothko weiß Maria Lawal besonders zu schätzen. Häufig ist der Schaffensprozess transparent: Schichtungen in Material und Farbe. Der Farbauftrag zeigt sich in einigen Werken unter Beimischung von Sand, Pigmenten und Spachtelmasse pastos. Oberfläche scheint zu einer rätselhaften aber dennoch greifbaren Textur zu werden. Die Farbe selbst bekommt eine erfahrbare Materialität, wird zur nahezu plastischen Oberfläche, deren Gestalt Assoziationen an Landschaften und Naturphänomene freisetzt.

Maria Lawal bereiste Länder wie Afrika, Indien, Thailand, Spanien, die Kanaren, Frankreich und Italien, zu denen sie auch eine mehr als beschauende Beziehung aufbauen konnte. Die Impressionen der Reisetätigkeiten haben sich oft in ihren Bildwelten niedergeschlagen. Da meint man in Bildern wie „rote Erde“ die schrundige Landschaft Lanzarotes, auf anderen die energetische Wärme Afrikas zu erahnen. Immerfort tauchen Lichtstrahlartige Gebilde, die vertikal die Bildoberfläche beleuchten und aus sich selbst heraus leuchten auf. Dennoch geht es nicht um die konkrete Darstellung einer Landschaft, sondern um Landschaftlichkeit – die Kraft und Energie der schaffenden Natur im sich ständig wandelnden Prozess.

Der sich im Wandel befindende Prozess durch spontane und expressive Vorgehensweise ins Bild gesetzt, propagiert den „Sitz im Leben“ von Maria Lawals Bildwelten. Die Abstraktionen verfügen über ein hohes Maß an Emotionalität und Leidenschaft – Kriterien, die sich auch auf das menschliche Dasein an sich übertragen lassen. Die gesamte Stimmungspalette des Lebens von der unzubändigenden Freude bis zur Melancholie werden auf Maria Lawals Bildern sichtbar. Die Befreiung durch Kunst und die Freude, auch jene Freude durch welche die Bilder geschaffen wurden, präsentieren sich uns, den Betrachtern als energetische, kraftvolle manchmal auch meditative Räume, die weit über die Aufgaben des konventionellen Tafelbildes hinwegstrahlen.

Als Schlusssatz möchte ich Ihnen noch ein Zitat des Malers Adolf Hölzel, der sich sein Leben lang mit der Wahrnehmung und Wirkung von Farbe, sowie mit der Entwicklung von Farbtheorien auseinandergesetzt hatte, mit auf den Weg geben. Hölzel sagte: „Die Aufgabe des Malers ist es, vermittels Farb – und Formflecken die Phantasie des Beschauers anzuregen. Es hat nichts an sich Greifbares, sondern nur diese Farb – und Formmöglichkeiten. Das Unvollendete (und damit meinte er die Abstraktion an sich) wird der Phantasie mehr Spielraum lassen. Nicht der Maler ist der Phantast, sondern der Besucher. Der Maler soll den Besucher zum Phantasten machen“.

In diesem Sinne wünsche Ihnen einen genussvollen und phantastischen Rundgang durch die Ausstellung.

Stand: 15.01.2003

Katharina Gehrmann
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